Erklärung zu Abrüstung und Jugend

„Die Welt ist überrüstet und der Frieden unterfinanziert.“[1] Nach Angaben von SIPRI betrugen die weltweiten Rüstungsausgaben im Jahr 2015 etwa 1,7 Billionen US-Dollar,[2] wovon mehr als die Hälfte auf die NATO-Länder zurückgeht.[3] Kommendes Jahr werden etliche Billionen US-Dollar für die sogenannte Modernisierung von Atomwaffen ausgegeben. Immer mehr Gelder werden vom Militär im Namen des Friedens, der Sicherheit und der Freiheit beansprucht, doch diese lassen sich nicht durch militärische Mittel erzielen, sondern ganz im Gegenteil: Militärische „Lösungen“ schädigen Friedensbemühungen unmittelbar. Diese Gelder sollten stattdessen eingesetzt werden, um ein menschenwürdiges Leben für alle und Bildung für die Jugend und für ine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.

In vielerlei Hinsicht ist die Welt, in der wir leben, ungerecht und unmenschlich, speziell für junge Menschen. Unser Gesellschaftsmodell basiert auf unbegrenztem Wirtschaftswachstum, dem Abbau von Rohstoffen, dem Vorrang des Kapitals sowie Strukturen von Dominanz, Patriarchat, Wettbewerb, Gewalt, Konfrontation, Konflikt und Krieg. Kapitalismus und Militarismus verstärken sich gegenseitig, während sie die Grundlagen unseres Lebens zerstören. Dies hat bedeutende und dauerhafte Auswirkungen auf junge Menschen, auf unser Leben und unsere Zukunft. Wir müssen unser Handeln und unsere Gesellschaftsstrukturen umgestalten, um eine nachhaltige und friedliche Welt zu schaffen.

Junge Menschen sind Ziel des Militärs – in Schulen, Universitäten, Gotteshäusern und anderen sozialen Umwelten. Die Wehrpflicht besteht weiterhin in etlichen Ländern weltweit und befördert gewaltfixierte und patriarchale Wertvorstellungen. Militarisierung führt zu Radikalisierung und Machtgefällen in unsere Gesellschaft.

Wir wollen den militärischen Komplex abschaffen, der eine globale Kultur der Gewalt und Ungleichheiten in all ihren Formen aufrechterhält. Junge Menschen sollen jene Werte entwickeln und leben, die auf Menschenrechten, Geschlechtergleichheit, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität beruhen.

Wir, die Teilnehmer*innen des IPB Youth Gathering, streben aktiv für Frieden und eine gerechte Zukunft. Wir glauben, dass Gerechtigkeit und Frieden nur möglich sind, wenn der Militarismus und das kapitalistische System, in dem wir leben, zugunsten neuer Systeme auf der Basis von Frieden, Menschenrechten, Geschlechtergleichheit, Kooperation und nachhaltiger Entwicklung überwunden werden. Wir fordern vollständige Entmilitarisierung und transformative Schritte hin zu einer menschlicheren Gesellschaft.

Wir fordern die Förderung einer Kultur des Friedens, durch formelle und informelle Friedenserziehung, eine Erziehung, welche interkulturelles Wissen, gemeinsame Narrative und die Geschlechtergleichheit stärkt. Wir setzen uns für Organisationen, Strukturen und Aktionen ein, die eine solche Erziehung verwirklichen wollen.

Wir setzen uns für die aktive Einbeziehung und Teilhabe junger Menschen am Aufbau einer nachhaltigen Zukunft ein.

Wir werden unsere internationale Zusammenarbeit, Solidarität, Aktionen und Diskussionen zu den Themen Krieg, Frieden und Transformation unserer Gesellschaft verbessern.

Heute begründen wir ein Jugendnetzwerk im Rahmen des International Peace Bureau, und rufen zu einer Weltkonferenz zu Jugend, Entmilitarisierung und Transformation für 2018 auf. „Die, die den Frieden lieben, müssen lernen, sich so effektiv zu organisieren wie die, die den Krieg lieben“;[4] eine Weltkonferenz ist der nächste große Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel einer transformierten Gesellschaft.

Wir werden einen offenen und partizipatorischen Prozess ermöglichen. Wir rufen alle Akteure, ob Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen, dazu auf, sich uns anzuschließen und am IPB Jugendnetzwerk teilzunehmen.

Junge Menschen stellen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und wir glauben fest an Frieden, Gewaltlosigkeit und Gleichheit. Wir werden praktische Wege finden, gesunde, funktionierende und nachhaltige Gesellschaften zu schaffen, die weltweit Frieden, Zusammenleben und Gleichheit fördern.

Es gibt eine Zukunft ohne Kriege, Patronen und Pistolen.
Eine Zukunft voll Solidarität, Gerechtigkeit, Gleichheit und Menschlichkeit.

Berlin, den 2. Oktober 2016

Notiz: Die Erklärung spiegelt die Diskussionen mehrerer offener Telefonkonferenzen sowie am Konferenzwochenende des Weltkongresses Disarm! For a Climate of Peace – Creating an Action Agenda wider. Es ist kein Dokument abgeschlossener Diskussionen sondern ein Startpunkt für weitere Diskussionen in und außerhalb des Rahmens der Erklärung.

[1] Ban Ki-Moon, offizielle Stellungnahme aus dem Jahre 2012 zu internationalen Abrüstungsbemühungen: https://www.un.org/disarmament/update/20120830/

[2] Stockholm International Peace Research Institute: https://www.sipri.org/yearbook/2015

[3] NATO-Rüstungsausgaben betrugen 2015 871 Billionen US-Dollar: www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/pdf_2016_01/20160129_160128-pr-2016-11-eng.pdf

[4] Dr. Martin Luther King, Rede auf einer Anti-Vietnamkriegsdemonstration in Chicago am 25.03.1967: http://www.jofreeman.com/photos/KingAtChicago.html